Unsere Arbeitsgruppe nutzt sowohl klinisch-endoskopische als auch experimentelle Ansätze in der Forschung zu chronisch entzündlichen Darmerkrankungen. Chronisch entzündliche Darmerkrankungen – Colitis ulcerosa und Morbus Crohn – bezeichnen Entzündungszustände des Magen-Darm-Trakts, die aufgrund des nicht vorhersehbaren Verlaufs und möglicher Komplikationen nach wie vor eine Herausforderung für behandelnde Ärzte darstellen. Bei einer steigenden Anzahl von Neuerkrankungen ist es unser Ziel, die klinische Patientenversorgung und unsere Forschung eng zu verzahnen. Dabei verfolgen wir folgende Schwerpunkte:
Beteiligung von microRNAs an der Pathogenese der experimentellen Kolitis
Nach aktuellem Kenntnisstand existieren > 1000 MicroRNAs, die verschiedenste biologische Prozesse regulieren und an der Entstehung bzw. Vermittlung verschiedenster Erkrankungen involviert sein können. Es ist bekannt, dass bei Patienten mit CED viele verschiedene microRNAs anders reguliert und exprimiert werden als bei Gesunden, was auf eine Beteiligung von microRNAs an der Entstehung und Aufrechterhaltung der CED schließen lässt. In diesem Projekt möchten wir analysieren, welche microRNAs an CED-assoziierten Pathomechanismen beteiligt sind. Wir untersuchen daher mittels Sequenzierungsanalysen die Expression aller im Blut quantifizierbarer microRNAs in verschiedenen experimentellen Kolitismodellen und können 11 verschiedene microRNAs, die in allen Kolitismodellen signifikant unterschiedlich exprimiert wurden, identifizieren. Mittels Protein-Assoziationsanalysen wird nun weiter untersucht, welche gemeinsamen Signalwege durch dieses microRNA-Panel reguliert werden und welche Assoziation zur Pathogenese der CED besteht.
Diagnostische Bildgebung von Colitis und kolorektalem Karzinom in murinen Modellen
In einem Projekt wurde die Anwendbarkeit des kontrastmittelverstärkten (Kleintier-) Ultraschalls (CEUS) des Darms zur Verlaufskontrolle und Charakterisierung einer murinen DSS-Colitis untersucht. Zur weiteren Spezifizierung des CEUS auf entzündliche Darmerkrankungen kam ein Kontrastmittel zum Einsatz, das an das darmspezifisches Zelladhäsionsmolekül MAdCAM bindet und dieses visualisiert/quantifiziert. Vergleichbare krankheitsspezifische molekulare Kontrastmittel kamen beispielsweise in der sonographischen Beschreibung früher intestinaler Neoplasien über VEGF-A im AOM-DSS Colitismodell zum Einsatz. Eine zusätzliche Weiterentwicklung in der murinen Colitisdiagnostik besteht im Einsatz von Miniatur-Endoskopen. Neben intraindividuellen Verlaufskontrollen von Colitisaktivität und Wundheilung mittels Weißlichtendoskopie, verwenden wir die Fluoreszenzendoskopie um durch den Einsatz spezifischer fluoreszierender Marker Aspekte der Karzinogenese sowie Entzündungskaskade in vivo darzustellen.
Einfluss der Primär Sklerosierenden Cholangitis auf den Krankheitsverlauf von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen
Die CED kann mit extraintestinalen Manifestationen wie der primär sklerosierenden Cholangitis (PSC) einhergehen. In diesem Projekt analysieren wir den Einfluss der PSC auf den Krankheitsverlauf der CED. Die Ergebnisse unserer Kohortenstudie zeigen, dass Patienten mit Colitis ulcerosa (CU) mit koizidenter PSC einen deutlich unterschiedlichen Krankheitsverlauf mit geringerer Krankheitsaktivität, weniger Schüben aber früherer Krankheitsmanifestation und ausgedehnterer Krankheitsmanifestation aufweisen. Trotz der geringeren Krankheitsaktivität ist das Risiko für die Entstehung des kolorektalen Karzinoms bei CU-PSC Patienten signifikant erhöht. Es wird weiter analysiert, welchen Einfluss die PSC auf den Krankheitsverlauf des Morbus Crohn hat.
Einfluss des JAK-STAT Signalweges und dessen Inhibition auf Pathomechanismus und Verlauf von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen
Die Entstehung und Aufrechterhaltung der mukosalen Entzündungsaktivität der CED wird unter anderem durch überschießende immunologische Prozesse verschiedener Zellen des angeborenen und erworbenen Immunsystems vermittelt. Der JAK/STAT-Signalweg reguliert u. a. die Immunantwort in immunologischen Zellen. In diesem Projekt analysieren wir den Einfluss des JAK-STAT Signalweges und dessen Inhibition in verschiedenen immunologischen Zellen von CED-Patienten. Wir können zeigen, dass der JAK/STAT Inhibitor Tofacitinib Monozyten (Zellen des angeborenen Immunsystems) von CED Patienten zu einem regulatorischeren Phänotyp verändern kann. Analog zu den klinischen Erfahrungen zeigt sich ein deutlich stärkerer immunmodulatorischer Effekt von Tofacitinib auf Monozyten von Patienten mit Colitis ulcerosa (CU) im Vergleich zu Morbus Crohn (MC). Wir können weiterhin zeigen, dass der JAK/STAT Signalweg auf Monozyten von CU Patienten deutlich unterschiedlich im Vergleich zu Monozyten von MC Patienten und gesunden Kontrollen reguliert ist und stärker an inflammatorischen Prozessen in CU Monozyten beteiligt ist. Dies lässt darauf schließen, dass der JAK/STAT Signalweg einen unterschiedlichen Einfluss auf die Krankheitsaktivität von CU und MC Patienten hat. Weiterhin untersuchen wir aktuell Unterschiede des JAK/STAT Signalweges in Zellen des erworbenen Immunsystems, insbesondere in T-Zellen, von Patienten mit CU im Vergleich zu MC. Zusammenfassend können diese Erkenntnisse dazu beitragen, den JAK/STAT Signalweg als therapeutisches Target noch gezielter und effektiver zur Behandlung der CU und MC zu nutzen.
MicroRNA-320a in experimenteller Kolitis und bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen
MicroRNAs (miRs) sind nicht kodierende RNAs (8-24 Nukleotide) und regulieren posttranskriptional über 30% der Protein-kodierenden Gene durch Degradation oder direkte Suppression der messengerRNA (mRNA). miRs sind als Biomarker zur Verlaufsbeurteilungen von immunvermittelten Erkrankungen beschrieben. Unsere Ergebnisse zeigen, dass miR-320a nicht nur eine spezifische Stärkung von Tight junction Proteinen an der intestinalen Epithelbarriere vermittelt, sondern auch, dass die miR-320a Expression im peripheren Blut die intestinale Krankheitsaktivität im Rahmen einer experimentellen Colitis adäquat widerspiegelt. Eine entsprechende Analyse der miR-320a Expression in peripherem Blut von Patienten mit Morbus Crohn und Colitis ulcerosa bestätigt, dass die miR-320a endoskopische Krankheitsaktivität widerspiegelt und somit ein großes Potential als nichtinvasiver Biomarker zum Krankheits-und Therapiemonitoring hat.
Opportunistische virale Infektionen bei CED
Die Rolle von Infektionen mit Viren der Herpesgruppe (CMV, HSV, EBV, VZV) bei der Entstehung und Exazerbation von CED ist gegenwärtig nicht hinreichend geklärt. Außerdem ist die valide Diagnose einer klinisch relevanten und damit behandlungsbedürftigen CMV-Infektion bei CED Patienten eine Herausforderung, da exakte diagnostische Algorithmen fehlen und angewendete Verfahren oft invasiv oder zeitaufwendig sind. Mit verschiedenen immunbiologischen Verfahren (ELISPOT, PCR, Antikörper-Nachweis) untersuchen wir daher die Rolle viraler Infektionen (v.a. mit CMV oder EBV) im Rahmen der Pathogenese von CED. Dabei soll vor allem durch direkte funktionelle Analyse der antiviralen CD8+-T-Zellen die immunologische Relevanz einer viralen Infektion im Rahmen einer akuten Exazerbation der zugrundeliegenden CED geklärt werden.
Quantitative Phasenkontrastbildgebung zur Charakterisierung von intestinaler Inflammation und Fibrose bei CED-Patienten
Unsere Arbeitsgruppe verwendet die digitalholografische Mikroskopie als Beispiel quantitativer Phasenkontrastbildgebung, um intestinales Gewebe von Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED) zu untersuchen. Zur Festlegung der therapeutischen Strategie bei Patienten mit Morbus Crohn-bedingten Stenosen ist eine Differenzierung von prädominant inflammatorischen und prädominant fibrotischen Stenosen wichtig, jedoch ist dies mittels der aktuell verfügbaren Diagnostik nur bedingt möglich. Bei Colitis ulcerosa Patienten ist eine verlässliche und direkte Einschätzung der intestinalen Entzündung ebenfalls sehr wichtig. Die digitalholografische Mikroskopie (DHM) ermöglicht eine färbungsfreie, quantitative Phasenkontrastbildgebung. Auf der Basis optischer Weglängendifferenzen kann ein Brechungsindex bestimmt werden, der direkt mit der Dichte des untersuchten Gewebes korreliert.
Team
Dr. med, Markus Brückner, Bereichsleiter Chronisch entzündliche Darmerkrankungen, Oberarzt
Dr. med. Arne Bokemeyer, stv. Leiter klinische Studien, Assistenzarzt
Jost Buskermolen, Assistenzarzt
Dr. med. Friederike Cordes, Fachärztin
Dr. med. Claudia Demmig, Assistenzärztin
Dr. med. Tobias Nowacki, Oberarzt
Dr. med. Phil-Robin Tepasse, stv. Bereichsleiter CED, stv. Oberarz
Sonja Dufentester, MTA
Elke Weber, MTA
Ausgewählte Publikationen: